Nachdem sich die Corona-Situation etwas entspannt hatte, konnte der NABU Ohrekreis sein Exkursionsprogramm mit öffentlicher Beteiligung im Juli wieder aufnehmen.
Ziel der Exkursion am 18. Juli war der ehemalige Grenzstreifen bei Weferlingen. Er ist Teil des "Grünen Bandes". Das Grüne Band wurde mit Gesetz vom 28.10.2019 als nationales Naturmonument festgesetzt. Schutzziel ist zum einen die Sicherung eines durchgehenden Biotopverbundes entlang der sachsen-anhaltinischen Westgrenze. Zum anderen hat es kulturhistorische Erinnerungsfunktion bezüglich der ehemaligen innerdeutschen Grenze.
Begangen werden sollte der Grüne Band-Abschnitt südlich von Weferlingen: Bahnstrecke, Quarzsand-Tagebau, nördlicher Lappwald. Am Startpunkt Überlandwerk hatten sich neun Interessierte eingefunden, darunter Mitglieder des Weferlinger Bürgervereins. NABU-Exkursionsleiter Michael Wetzel freut sich immer, wenn sich Einheimische mit ihren Kenntnissen in den Exkursionsverlauf einbringen.
Los ging es über eine Wiese zum Kolonnenweg. Hier wurden gleich mehrere Pflanzenarten gezeigt, darunter: die Möhre (Ihre weiße Doldenblüte hat in der Mitte in der Regel ein dunkelviolettes Einzelblütchen.), der gelbblühende Pastinak (Die Kulturzüchtungen haben eine vorzüglich schmeckende Rübe.) und die blau blühende Wegwarte (Die süße Wurzel wurde früher für die Kaffeeersatzherstellung getrocknet. Die gebleichten Kultursortentriebe sind uns als Chicoree bekannt.). Interessant war auch eine ziemlich häufige bis zwei Meter hohe scheinbar doldenblütige Pflanze. Der Geruchstest an der Wurzelbasis ergab: Echter Baldrian. Weiter ging es auf der Bahnstrecke (verläuft teilweise auf der ehemaligen Grenze), die für Quarzsandtransporte und gelegentlich für Ausflugsfahrten der Lappwaldbahn genutzt wird. Im Gleisbett fanden sich Ackerschachtelhalm (hat im Frühjahr bräunliche Sporenträger), das stinkende Rubrechtskraut (Der lateinische Artname robertianum soll aus der Abneigung des Botanikers Linnè gegenüber einem Mitarbeiter stammen.) und die ersten Pilze: Rotfußröhrlinge. Im Unterholz wurden zwei Geißblattgewächse entdeckt: das gelbblühende Deutsche Geißblatt (auch Jelängerjelieber) und die rotfruchtende Rote Heckenkirsche. Auch eine weitere Liane wurde ausgemacht: der zweihäusige Hopfen.
Dann wurde ein Blick in das „Blaue Auge“ (Gewässer im Quarzsandtagebau) geworfen. Die Abbrüche an den Seiten machten es deutlich: Baden strengstens verboten, Lebensgefahr! Nicht umsonst ist das Gelände eingezäunt. Die Grenze des Grünen Bandes verläuft hier quer durch den Tagebausee. An der oberen Kante des Tagebaus hat sich eine ruderale Trockenrasenvegetation ausgebildet mit typischen Arten wie: Golddistel (ist keine Distel sondern eine Eberwurz), Kriechende Hauhechel (leicht klebrig), Odermennig (gelbblühend), Möhre, Kleiner Wiesenknopf (Bestandteil der Frankfurter Soße), Natternkopf (blaublühend), Färberginster (gelb), Scabiosenflockenblume (lila), Wiesen- und Dürrwurzalant, Kleinblütige und Schwarze Königskerze. An einer Jacobs-Greiskraut-Pflanze wurden gelb-schwarz-geringelte Raupen entdeckt. Die Nachbestimmung ergab: Jacobskraut-Bär (blauroter Nachtfalter).
Weiter ging es auf dem Kolonnenweg am Waldrand. Von einem Abraumwall gab es einen weiten Blick in den „Westen“. Heiko Kloß erläuterte, was alles zu sehen ist, u. a. Streusalzschacht Grasleben, Wasserturm Weferlingen (außer Betrieb). Am Kolonnenweg selbst wuchsen zunächst: Wirbeldost (lila), Huflattich (Blätter, Blüten sind längst verblüht), Kleinblütiges Springkraut (noch keine reifen Früchte, deshalb keine Vorführung des „Springens“ möglich), Mittlerer Klee (unterscheidet sich vom Rotklee durch eine unbehaarte Kelchröhre) und Glockenblumen (wahrscheinlich Nesselblättrige). Wegbegleitend standen dann etliche Breitblättrige Sitter (Orchidee), teils kräftige Exemplare. Hier wurde fleißig fotografiert. Dann gab es noch einen kleinen Pausensnack: Walderdbeeren, bevor in den Wald (Lärchen) abgebogen wurde. Zwischen der grasigen Bodenvegetation dominierte der Adlerfarn. Entdeckt wurde auch der Salbeigamander. Nach einem weiteren Snack-Stopp (Blaubeeren) ging es über in den für den Lappwald typischen buchendominierten Mischwald, Richtung Fünf-Wege-Stern.
Der Rückweg führte vorbei an dem punktförmigen Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Gebiet „Zisterne Weferlingen“. Dieses europäische Schutzobjekt wurde zum Schutz von fünf Fledermausarten als Winterquartier ausgewiesen. Heiko Kloß erläuterte, dass es sich dabei um einen früheren Salzschacht handelt.
Der weitere Rückweg führte dann über einen Waldweg, wo auffällig viele Schmetterlinge an den dortigen Blüten (unter anderen Wiesenbärenklau) beobachtet werden konnten: Großer Schillerfalter, Tagpfauenauge, Weißes C, Perlmutterfalter oder Kaisermantel (leider nicht exakt bestimmbar). Nach ca. sieben Kilometer Wegstrecke war der Ausgangspunkt wieder erreicht.